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„Glorious Bodies“ von Piet Van Dycke
Foto: Jona Harnischmacher

Philosophie statt Nostalgie

06. Mai 2024

Das Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 05/24

Noch vor 25 Jahren war die Begeisterung für den Zirkus nirgendwo in Europa größer als in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt gab es über 450 Familienunternehmen, die in der Welt der Manege aktiv waren. Aber das ist für Tim Behren auch ein Grund dafür, dass Deutschland heute in der Welt des zeitgenössischen Zirkus hinterherhinkt. Behren gehört zu den Initiatoren des Circus Dance Festivals, das in diesem Mai unter dem Titel „Re-Inventing Circus – Zeitgenössischer Zirkus zwischen Erbe und Erneuerung“ in Köln veranstaltet wird. Die großen Veränderungen vollzogen sich in den letzten beiden Jahrzehnten in Frankreich, Belgien und Skandinavien. Dort löste man sich von romantischen Traditionen und rückte immer stärker hinüber zu den innovativen Entwicklungen im Bereich der Akrobatik, der Jonglage, des Tanzes und der Bildenden Kunst. Philosophie statt Nostalgie war die Losung.

Im aktuellen Programm verkörpert die Engländerin Laura Murphy das Image einer neuen Generation, die einen provokanten Feminismus und ein queeres Weltbild vertritt. Wie der Körper den Raum erobert, das demonstriert Murphy mit wuchtiger Präsenz, zu der ebenso die Komik des Stand-ups wie atemberaubende Akrobatik und eine Nacktheit gehört, in der Selbstbewusstsein und Verletzlichkeit keinen Gegensatz darstellen. Die eigene Geschichte zu erzählen, kann ein dramatisches Abenteuer sein. So präsentiert die Brasilianerin Diana Salles in ihrer Performance „Delusional – I killed a man“ mit gewagter Luftakrobatik ihre Transition vom Mann zur Frau.

Das Festival will aber auch die Heldinnen von Gestern nicht in Vergessenheit geraten lassen. In der Produktion „Glorious Bodies“ rekonstruiert der Belgier Piet van Dycke die Biographien von Artisten und Artistinnen, die heute im Alter zwischen Mitte 50 und Ende 60 sind. Sein Ensemble tanzt in den Lüften, während einzelne Filme Auskunft über die Zirkuswelt der Vergangenheit geben. Wesentlich politischer verstehen sich die zeitgenössischen Zirkusleute, deshalb wartet das Festival auch mit Workshops und Diskursrunden zum Selbstverständnis auf. Weil das Publikum immer jünger wird, gibt es am Sonntag (19. Mai) einen „Family Day“, an dem man auf der Wiese des Latibul kostenlose Aktionen sehen kann.

Circus Dance Festival | 16. - 20.5. | An der Schanz 6, 50735 Köln | www.circus-dance-festival.de

Thomas Linden

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